Das Rückenmark endet im Übergangsbereich zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule etwa dort, wo sich seitlich der knöcherne Rippenbogen tasten lässt. Im Gegensatz dazu reicht die den Wirbelkanal auskleidende feste Hülle der harten Hirnhaut bis zum Kreuz- und Steißbein. Sie bildet damit einen Sack, in dem nur die Nervenwurzeln verlaufen, nachdem sie das Rückenmark verlassen haben. Durch Einstechen mit einer längeren Hohlnadel in Höhe der mittleren Lendenwirbelsäule unterhalb des Rückenmarkendes – gegebenenfalls nach örtlicher oder lokaler Betäubung – ist daher keine Verletzung des Rückenmarks möglich. Es handelt sich also nicht um eine »Rückenmark«-Punktion, sondern allenfalls um eine »Wirbelkanal«-Punktion .

Die Lumbalpunktion ist am einfachsten durchzuführen, wenn der Patient sitzt, seinen Rücken in Art eines »Katzenbuckels« krumm macht und sich so gut wie möglich entspannt. Die Hohlnadel zur Entnahme des Nervenwassers ist nicht dicker wie bei einer Blutabnahme. Da der Wirbelkanal in einigen Zentimeter Tiefe unter der Haut liegt, muss die Nadel jedoch länger sein. Nach dem Entnahmeort in der Lenden- oder Lumbalregion wird die Untersuchung auch Lumbalpunktion oder kurz LP genannt.

Im Gegensatz zu Erzählungen und vielen Befürchtungen ist die Lumbalpunktion eine ungefährliche und bei sachgerechter Durchführung weitgehend schmerzlose Untersuchung. Wenn beim Punktieren mit der Nadelspitze eine Nervenfaser berührt wird, kommt es zu einem elektrisierenden Gefühl oder kurzen Schmerz in einem Bein. Dadurch erschrickt der Patient und zieht eventuell das Bein an; die Situation ist jedoch harmlos und eine Nervenverletzung mit bleibender Schädigung kommt nicht vor. Früher traten bei etwa jedem dritten Punktierten über Tage bis ausnahmsweise wenige Wochen unter Umständen lästige, aber in aller Regel rasch zurückgehende »postpunktionelle« Kopfschmerzen auf. Diese sind lageabhängig, werden nach dem Aufrichten stärker, bessern sich beim Hinlegen sofort und klingen durch Bettruhe und vermehrtes Trinken in der Regel rasch und vollständig ab. Inzwischen werden fast immer so genannte atraumatische oder Sprotte-Nadeln verwendet, nach deren Verwendung ein postpunktioneller Kopfschmerz sehr viel seltener ist. Diese Nadeln sind für den Arzt in der Anwendung etwas komplizierter und auch teurer; als Patient sollte man sich aber nicht scheuen, auf ihrer Anwendung zu bestehen.

Die mit einer Lumbalpunktion verbundenen Ängste und Befürchtungen vieler Betroffenen sollten auch unabhängig von der Möglichkeit eines postpunktionellen Kopfschmerzes ernst genommen werden. Ärzte, die beispielsweise eine lokale Betäubung für überflüssig halten, denken dabei oft mehr an ihre eigene Bequemlichkeit als an die Betroffenen, weil die Untersuchung dadurch einige Minuten länger dauert. Wenn sie aber ohne örtliche Betäubung mehrere Versuche brauchen oder längere Zeit herumsuchen, ist ein solches Vorgehen unfair und sollte überdacht werden. Einer von uns, Günter Krämer, hatte anlässlich einer Meniskusoperation eine »Rückenmark-Narkose«, der ja eine Lumbalpunktion vorausgeht. Er war jedenfalls wirklich erleichtert, als er feststellen konnte, dass seine Zusicherung gegenüber MS-Betroffenen, bei sachgerechter Durchführung sei eine Lumbalpunktion harmlos, sich auch bei ihm selbst bestätigte.