Die magnetisch evozierten Potenziale (MEP) überprüfen die für die Muskelbewegung verantwortlichen Nervenbahnen vom Gehirn zu den Armen und Beinen. Dazu wird mit einer speziellen Spule über dem Schädelknochen beziehungsweise über der Hals- oder Lendenwirbelsäule für kurze Zeit ein starkes Magnetfeld erzeugt, das die darunter liegenden Abschnitte der Großhirnrinde beziehungsweise des Rückenmarks erregt. Diese Erregung führt je nach Ort der Reizung am Gehirn oder Rückenmark zu einer kurzen Muskelzuckung an Arm oder Bein, die mit Oberflächen elektroden abgeleitet werden kann.
Für eine MS typische Veränderungen der MEPs bestehen in Latenzverlängerungen (mit Zunahme der »zentralen motorischen Latenz« bzw. »zentralmotorischen Leitungszeit« [ZML]) oder einer »Aufsplitterung« des Muskelpotenzials . Ein völliger Potenzialverlust ist selten. Durch einen Vergleich der Amplituden nach Reizung über der Hirnrinde und dem Rückenmark können zusätzliche Hinweise auf eine Schädigung der motorischen Nervenbahnen im Zentralnervensystem gewonnen werden. Außerdem haben viele MS-Betroffene eine erhöhte Reizschwelle.
Die Häufigkeit krankhafter Befunde der MEPs bei MS liegt wie bei den VEPs zu Beginn einer Erkrankung bei etwa 50 Prozent und über den ganzen Verlauf bei durchschnittlich 80 Prozent. Auch ohne subjektive oder klinisch nachweisbare Zeichen einer Schädigung motorischer Nervenbahnen können die MEPs schon in der Frühphase einer MS krankhafte Veränderungen zeigen und damit die Diagnosestellung erleichtern.